Kirchenfenster von Marianne Aatz

Mit freundlicher Genehmigung von Bernd Schröder (Förderverein Stadtmuseum Wadern):

Hier, wie in Alschbach St. Maria, hatte Marianne Aatz die Gelegenheit, die Gesamtheit der Fenster zu gestalten. Im Unterschied zu St. Maria handelt es sich in Lautzkirchen um einen eher avantgardistischen Bau. Die vertrackte Architektur der Kirche sowie das Ausmaß der Fensterflächen (das große Fenster in der Westseite misst über 95 m2) stellten die Künstlerin vor eine gewaltige Aufgabe, die sie jedoch hervorragend gemeistert hat. Konventionelle Fensterformen kommen nur an versteckten Stellen vor: Über sowie unter der Empore und in der Marienkapelle findet man jeweils Dreiergruppen kleiner rechteckiger Fenster. Auffallender sind die Wabenfenster auf der Südseite (Empore und Kriegerkapelle) und geradezu raumbeherrschend sind drei Fenster, die in ein rechtwinkliges Gitter von Betonstreben eingepasst sind mit schräg verlaufenden Abschlüssen am oberen Rand (West- und Chorfenster) bzw. am oberen und unteren Rand (Ostfenster).

Marianne Aatz wählte als übergreifendes Gestaltungselement für die ganze Kirche ein Grundmuster von annähernd regelmäßigen, etwas größeren Scheiben in Abstufungen einer bestimmten Farbe, wohinein sie eine quirlige Vielfalt kleiner, eher unregelmäßiger Scheiben in einer Kontrastfarbe streut. Diese kleinen Scheiben verdichten sich an bestimmten Stellen zu Strukturen, die unterschiedlich interpretiert werden können.

Das große Westfenster sowie die Wabenfenster (Empore und Kriegerkapelle) hat die Künstlerin mit ihren Lieblingsfarben sattes Blau (Hintergrund) und Rot bis Orange (thematische Struktur) gestaltet. Die Struktur im Zentrum der jeweiligen Fensterfläche ist recht deutlich als ein Kreuz zu lesen, wobei es dem Betrachter überlassen bleibt, ob er eher sieht, dass ringsum zerstreute rote Scheiben sich zu einem Kreuz formieren und so ihren Lebensmittelpunkt und Sinnerfüllung finden oder dass ein vorhandenes Kreuz sich partiell auflöst und in die Randzonen (die Welt?) ausstrahlt.

Das Thema Blau wird auf der Empore im großen Südfenster und in den drei kleinen Fenstern an der Westseite konsequent fortgesetzt, bei Letzteren allerdings ohne thematische Struktur. Ein Grund dafür könnte sein, dass sie vom Kirchenschiff aus fast nicht wahrgenommen werden können und folglich auch keinen Beitrag zum Erscheinungsbild des Kirchenraumes leisten müssen.

Wie das große Wabenfenster der Empore geht auch das Fenster der Kriegerkapelle nach Süden. Beide sind geprägt von dunklen, intensiven Blautönen, was besonders der Kriegerkapelle eine angemessene Intimität verleiht.

Auch das Fenster in der Ostwand des Kirchenschiffs hat einen blauen Hintergrund; das Blau ist jedoch im Ganzen heller und von einem Kranz Scheiben in Violett und Rosa durchsetzt. In der Mitte dieses Kranzes verdichten sich gelbe bis weißliche Scheiben zu einer von Grün umschlossenen Struktur, die Strahlen auszusenden scheint und die man als Sonne interpretieren könnte. Diese „Sonne“ hat noch zwei Satelliten in die Winkel des fünfeckigen Fensters entsandt.

Das schmale, hohe Chorfenster, das besonders lichtdurchlässig sein muss, hat einen Hintergrund in hellen Grau- und Grüntönen mit einem gelblichen Einschlag. Das Thema Gelb verdichtet sich an dem in der Mitte aufsteigenden Windeisen zu einer von dunkleren grau-grünen Scheiben eingefassten Struktur.

Interessant sind zwei Dreiergruppen kleiner Fenster in der Süd- und in der Westwand der Kirche. Die einen sind unter der Empore versteckt, die anderen in einer Seitenkapelle.

Beide Fenstergruppen haben einiges gemeinsam: Hier ist der Hintergrund streckenweise belebter als ihm eigentlich zusteht. Die violetten Scheiben zeigen einen Braunton, was sonst in den Kirchenfenstern von Marianne Aatz kaum vorkommt; dazwischen drängeln sich blaue und erstaunlich viele weiße oder fast weiße Scheiben; ein wenig Schwarz (eigentlich ein sehr dunkles Violett) darf auch mitspielen. In der Mitte ist eine unregelmäßig ausgebildete Struktur vorwiegend mit roten Scheiben, doch Dunkelgelb und Ocker sind auch zu sehen.

Der Unterschied ist: An der Südseite ist die Struktur zerklüftet, waagerecht geschichtet und mit einer deutlichen Einfassung versehen, bei dem Mittelfenster in leuchtendem Grün, links in mittlerem Blau, rechts in hellerem Blau mit Anklängen an Grün. In der Seitenkapelle ist die Struktur kompakt, überwiegend senkrecht geschichtet und ohne Einfassung. Bei diesen Fenstergruppen hat Marianne Aatz ihrer Fantasie augenscheinlich größere Spielräume gegönnt.

 

Insgesamt hat Marianne Aatz in den architektonisch sehr verschiedenen Kirchen von Alschbach und Lautzkirchen deutlich gezeigt, dass sie überzeugende Gestaltungskonzepte entwickeln kann in Übereinstimmung mit dem Raum und den Hoffnungen der Auftraggeber.